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ERNTEDANK |
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Der alte Traktor in Mainzlar: Altar und Kanzel zugleich Erntedankgottesdienst auf dem Rotgrabenhof
Das hätte sich der alte Trecker vom Hof des Frank Grölz ganz bestimmt nicht träumen lassen, dass er auf seine alten Tage – gewaschen und geputzt und poliert- noch einmal gleichzeitig als Altar und als Kanzel für einen Mitten-im-Dorf Gottesdienst seinen Dienst leisten wird. Prächtig geschmückt stand er in der großen Halle des landwirtschaftlichen Betriebes „Rotgrabenhof“ an der Straße von Mainzlar Richtung Treis. Und man hätte meinen können, das er vor Stolz in den wenigen Sonnenstrahlen glänzte. Auf dem Anhänger Strohballen, Obst, Gemüse, Blumen und mittendrin ein Predigtpult. Und als Pfarrerin Martini später im Gottesdienst die Leiter zum Anhänger hochgeklettert war, stand sie am Predigtpult mit den Worten: „Das Hochklettern war nicht meine Entscheidung. Das war eine Bedingung dafür, dass wir hier heute Gottesdienst feiern können.“ Auch der Traktor war selbst geschmückt mit Garben und Blumen. Hinter dem Traktor die anderen großen und kleinen Landmaschinen, allen voran der Mähdrescher. Vor ihm ganz ungewohnt Reihen mit Tischen und Bänken. Auf den Tischen Kürbisse, Äpfel und bunte Herbstblätter. Und alles in einer erwartungsvollen Spannung, so erwachte der Hof am Sonntagmorgen. Gegen 10 Uhr kamen die Helfer und brachten die geriebenen Kartoffeln für den Schalet, den später Günter Rollberg im Backhaus für die Besucher vorbereiten sollte. Äpfel wurden gebracht, der Altar geschmückt und vieles andere mehr. Um 11 Uhr war die Halle voll. Kein Platz mehr frei. In der Begrüßung rief Pfrin Martini den Gottesdienstbesuchern zu: “Wir feiern ein Fest, ein Dankfest für all das, was wir haben und was uns so lange selbstverständlich vorkommt, bis es einmal nicht mehr da ist. Gott bewahre! Darum bitten wir heute.“
Die Kirchberger Gemeinde feierte Erntedank auf einem der großen Bauernhöfe am Ort und noch dazu einem mit dem Zertifikat „Naturland“. Und wie so oft bei einem der Mitten-im –Dorf Gottesdienste waren so einige mit von der Partie. Der Kirchenvorstand beteiligte sich an der Liturgie mit Gebeten und Texten. Die Kindergottesdienstkinder mit dem Team von Antje Koob-Röhrsheim, Petra Schiefelbein und Kerstin Schirmer erklärten den Gottesdienstbesuchern, dass es nur eine einzige Sekunde braucht, um das Wort „Danke“ zu sagen, aber das man damit Vieles und Nachhaltiges erreichen kann. Menschen werden stolz. Menschen freuen sich. Menschen sind glücklich, nur wegen dieser einen Sekunde, in der man einem anderen Menschen das Wort „Danke“ schenkt. Dann verschenkten Sie Äpfel in Tütchen mit der Aufschrift „Danksekunde“. Ein gelungener Beitrag der Kleinen.
Die Konfirmandinnen und Konfirmanden des aktuellen Jahrgangs haben in der Konfistunde über das Glaubensbekenntnis nachgedacht. Sie haben ein eigenes formuliert, so wie sie es verstehen und so wie sie es für sich als wahr und wertvoll erachten. In diesem Gottesdienst fiel daher das traditionelle apostolische Glaubensbekenntnis aus und die Gemeinde erhob sich zum Glaubensbekenntnis der Jugendlichen. Darin heißt es zum Beispiel: „Jesus zeigte uns, wie wir in Frieden leben können. Er hat Arme und Reiche gleich behandelt und war auch mit den Ausgestoßenen zusammen. Darin ist er unser Vorbild. Darum ist er aber auch gekreuzigt worden.“ Der Posaunenchor Kirchberg saß aufgereiht an der Wand der Halle und wunderte sich über die großartige Akustik, die den Klang der Posaunen in dem ungewöhnlichen Gottesdienstraum erschallen ließ. Die Leitung des Chores lag bei Steffen Laucht. Der Singkreis Kirchberg war auch mit dabei, dieses Mal unter Leitung der neuen Chorleiterin Dinah Zavodoska.
In ihrer Predigt fragte Pfrin Martini nach den Opfern: „Was, liebe Festgemeinde, opfern Sie in Ihrem Leben? Und wofür? Wir opfern unsere Arbeitskraft, um zu wohnen, uns ernähren und kleiden zu können. Wenn wir allerdings hinter dem Geld her sind und nie zufrieden sind, ist das Opfer zu groß. Wir opfern das ersparte für ein bisschen Spaß. Wir opfern Zeit für Familie. Mach einer opfert sich selbst. Das ist tragisch“ Dem hält Pfrin Martini entgegen, dass Gott keine Opfer von uns möchte, damit es uns wohl ergeht: „Sondern wir sollen uns gegenseitig Gutes tun, damit alle gut leben können, damit die Schöpfung lebt.“ Und „so ernten wir nicht nur Feldfrüchte, die uns ernähren. Wir ernten auch die Früchte unserer Freundschaft, der Gelassenheit, der Hoffnung, dass Gott vollenden wird, was wir nicht vermögen.“ Ein Erntedankgottesdienst wäre kein Erntedankgottesdienst, wenn kein Dankesmahl gefiert werden würde. Und so verteilten die Konfis Brot und Trauben unter den Gottesdienstbesuchern. Puh, es reichte gerade so. Wer hätte auch mit so vielen Menschen gerechnet? Die Gemeinde gab Brot und Trauben gegenseitig weiter: „Gott sei mit dir!“ „Friede sei mit dir!“. Nach der Fürbitte schloß der Singkreis den Gottesdienst mit dem Lied: „Aller Augen warten auf dich.“
Dann aber gingen die wenigsten nach Hause. Aus dem Backhaus wurde frischer Schalet gebracht, alternativ dazu gab es Folienkartoffeln mit Quark. Ein herrlicher Duft begann die Halle zu füllen und eine lange Schlange begann sich zu bilden vor dem Küchenstand der Familie Grölz. Danken, feiern, essen, loben, ein Mitten-im Dorf Gottesdienst in Mainzlar. Sowas kann gerne öfters stattfinden, dachte sich am Ende wohl nicht nur der alte Traktor.
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