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BAUPHASE 1

Die Rekonstruktion der Baugeschichte

Die älteste, im Aufgehenden erhaltene Bausubstanz

Bevor auf die Datierung der ältesten erhaltenen Bausubstanz der Mainzlarer Kirche eingegangen wird, soll dieser Bestand zunächst dargestellt und schließlich das ursprüngliche Aussehen rekonstruiert werden. Da bislang keine archäologischen Bodenuntersuchungen durchgeführt wurden, muss offenbleiben, ob dieser Bau einen oder mehrere Vorgängerbauten hatte.

Das Mauerwerk der nördlichen und südlichen Traufseite besteht - bis auf jüngere Ausbesserungen zur westlichen Giebelmauer hin - einheitlich aus rötlichbraunem bis gelbem Buntsandstein. Die Maurer verwendeten Bruchsteine von zum Teil sehr unterschiedlichen Formaten, ordneten sie jedoch in Schichten an, so dass für jede Schicht annähernd gleich hohe Steinformate Verwendung fanden.Dieses Verfahren ergab zum Teil sehr unterschiedlich hohe Bruchsteinlagen, was besonders an der nördlichen Traufseite ins Auge fällt, wo in der unteren Mauerhälfte eine durchlaufende Schicht aus relativ hochformatigen, großen Bruchsteinen vorhanden ist. Dieser Befund ist keineswegs Resultat unterschiedlicher Bauphasen, sondern Ergebnis des Arbeitsvorganges, wie der überall gleichartige Mauermörtel zeigt.

Besonders charakteristisch jedoch sind Schichten aus schräg gestellten, zumeist plattigen Bruchsteinen. In seiner klassischen Ausführung besteht dieser Mauerverband aus jeweils zwei Reihen gegenläufig geschichteter Steine und wird dann als "Opus spicatum", "Fischgrät-" oder "Ährenmauerwerk" bezeichnet. In Mainzlar sind demgegenüber nur einreihige Schichten, gewissermaßen halbes "Opus spicatum", als Rollschichten in den regulären Verband eingeschossen. Diese Mauertechnik wird nicht nur bei aufgehendem Mauerwerk verwendet, sondern, wie eine große Anzahl von archäologischen Bodenuntersuchungen bei Kirchen insbesondere in Westfalen zeigten, dort als sog. Packlagenfundament verwendet. Eine ganze Anzahl hessischer Dorfkirchen weist eine ähnliche Mauertechnik auf, z. B. die Kirchen in Almuthshausen, Dautphe, Fronhausen/Lahn, Niederellenbach, Schemmern und auf dem Christenberg.

Die Eckquaderungen der Traufmauern zu den Giebelseiten hin bestehen im wesentlichen aus grauen bis hellgrauen Sandsteinwerksteinen, deren Oberflächen sorgfältig abgespitzt, jedoch, soweit erkennbar, nicht zusätzlich mit dem Flächeisen geglättet wurden. Die anhand der verwendeten Bautechnik charakterisierte weitgehende Einheitlichkeit der Wandflächen wird dadurch unterstrichen, dass als ältester Putz auf beiden Traufseiten und am Ostgiebel ein in weiten Partien erhaltener, hellgrauer, mit dem Mauermörtel identischer Kalkputz vorhanden ist, in den mit der Kelle eine Quaderung eingeritzt wurde. Die so angedeuteten Steinfugen sind nicht etwa akkurat orthogonal, sondern relativ flüchtig mit leicht geschwungenen Horizontalfugen und zum Teil schrägen Vertikalfugen ausgeführt. Diese Ritzfugentechnik, die Quaderwerk vortäuschen soll, wird als "Pietra rasa" bezeichnet. In Hessen tritt dieser Putz z. B. an der Christenbergkirche, in Mosheim, Niederjossa oder Tobenhausen auf.

Während an der westlichen Giebelmauer wegen jüngerer Überputzungen die ursprüngliche Dachneigung nicht ermittelt werden kann, liefern hierfür die Befunde an der östlichen Giebelmauer weitere Hinweise. Sowohl im Inneren als auch an der Außenseite ist der beschriebene ältere Ritzfugenputz vorhanden. Seine obere Begrenzung ist identisch mit dem Ortgang des ursprünglichen Giebels. Es ergibt sich als Rekonstruktion eine relativ flache Neigung der Dachflächen von 39-40 Grad bei einer Firsthöhe von 3,00 m bis 3,20 m oberhalb des Traufniveaus. Von der ursprünglichen Durchfensterung hat sich im Baubestand keine Spur mehr erhalten. Auf der Nordseite jedenfalls existierten ursprünglich keine Fenster, da der Mauerwerksbestand hier keinerlei Baufugen von zugesetzten Öffnungen aufweist. Wir müssen davon ausgehen, dass Fensteröffnungen lediglich auf der Südseite vorhanden waren, und zwar im Bereich der hier liegenden jüngeren Fenster, da auch in den dazwischenliegenden, ungestört scheinenden Wandfeldern keinerlei Spuren von vermauerten älteren Fenstern existieren. Zum ursprünglichen Bestand gehört das aus großen Buntsandsteinmonolithen bestehende Gewände des heutigen Einganges in der südlichen Traufseite, wobei die Gewändemonolithe und der Sturzstein durch die gesamte Wandtiefe reichen. Abgesehen davon, dass es im baulichen Verband mit dem beschriebenen Mauerwerk steht, und zwar so, dass keinerlei Flickungen als Hinweise für einen späteren Einbau auszumachen sind, ist insbesondere ein Indiz für die Zugehörigkeit des Portales zum Mauerwerk der Bauphase I der Ritzfugenputz, der bis an die Quader des Portales heranzieht.

Der längsrechteckige Grundriss des Saales weist eine Besonderheit auf, für die es nur selten Parallelen gibt: Die Nordmauer ist im Grundriss leicht nach innen gebogen. Vom Baubefund her scheint es sich hierbei nicht um einen Bauschaden zu handeln, da die Durchbiegung bereits unmittelbar oberhalb der Erdoberfläche festzustellen ist und im Aufgehenden keinerlei Rißbildung in dem ursprünglichen Putz vorhanden ist. Merkwürdig ist darüber hinaus ebenfalls die Tatsache, daß die Nordmauer erheblich dünner ist als die übrigen, in diese Bauphase gehörenden Mauern. Dass es sich bei diesem Befund lediglich um schlechte Arbeit der damaligen Handwerker handelt, scheint insofern auszuschließen zu sein, als die Durchbiegung überdeutlich ins Auge fällt. Sowohl der vermauerte Rundbegen in der östlichen Giebelmauer als auch die beiden strebepfeilerartigen, mit der Ostwand im Verband stehenden Mauerstreifen beidseitig des Triumphbogens sind ein Indiz dafür, dass sich an den Saal ursprünglich ein schmälerer Chorraum angeschlossen hat. Wiewohl bei jüngeren Abgrabungen sämtliche weiter östlich liegenden Fundamente entfernt wurden, ist dennoch ein im Grundriss quadratischer oder rechteckiger Chorraum zu rekonstruieren, die Existenz einer unmittelbar an den Saal anschließenden Apsis ist auszuschließen. Ein Zugang von außen bestand auf der Südseite, wovon heute noch die Schwelle im Mauerverband zeugt.

Ob der Chor im Osten gerade geschlossen war oder hier eine kleine Ostapsis existierte, ist nicht mehr zu entscheiden, aufgrund der Schlichtheit der Kirche ist eine zusätzliche Apsis jedoch eher auszuschließen. Bei einer lichten Weite von 4,25 m dürfte der Chor nur unwesentlich höher gewesen sein als der heutige Befund der Restmauern zeigt. Damit eine über dem Chor zu rekonstruierende Dachbalkenlage nicht in den Scheitel des Bogens einschneidet, ist lediglich eine knapp 0,20 m bis 0,30 m höhere Krone der seitlichen Begrenzungsmauern zu rekonstruieren. Dies korrespondiert mit dem Befund des Abdruckes eines aufgrund der Neigung sicher jüngeren Chordaches im Putz der Ostwand. Für die Chormauer ergibt sich also eine Höhe von etwa 3,80 m oberhalb des Fußbodens, so dass die Traufhöhe des Chores 0,90 m unterhalb der des Saales gelegen hat. Mit lediglich 2,30 m Breite schnürt der Triumphbogen den Chor eher vom Saal ab, als dass er beide miteinander verbindet. Die Kämpferzone des Bogens wird durch ein Werksteingesims akzentuiert, dessen Profil aus unterer, leicht gekehlter Fase und oberer Platte besteht. Zum Saal hin ist diese horizontale Profilzone mit l,30 m ungewöhnlich lang. Im Durchgangsbereich verkröpft sich das Kämpferprofil, ist jedoch an der heutigen Außenseite, im Chorbereich, nicht herumgeführt. Als Dekoration sind flache Halbkugelformen vorhanden. Wie die restauratorische Untersuchung gezeigt hat, war der Saal im Inneren wie am Außenbau durch den "Pietra-rasa-Putz" gefasst. Ein erster Hinweis darauf, dass der Saal ein offenes Dachwerk besessen hat, ist der Umstand, daß dieser Putz auch innen an der östlichen Giebelmauer im heutigen Dachbereich vorhanden ist.

Ein weiteres Indiz für die Rekonstruktion eines offenen Dachwerkes sind darüber hinaus zwei Spolien, die in Zweitverwendung als Sparren im jüngeren Dachwerk des 14. Jahrhundert eingebaut wurden. Dass diese nicht zur Konstruktion des heutigen Dachwerks gehören, zeigen die abweichenden Dimensionen, die sorgfältige Bearbeitung aller Balkenoberflächen sowie jeweils zwei heute funktionslose Blattsassen an den Hölzern. Diese einfachen, geraden Blattsassen mit Nagellöchern sind bei einem gegenseitigen Abstand von ca. 2,00 m so angeordnet, dass die in sie eingreifenden Bauglieder als divergierend auseinanderlaufendeHölzer zu rekonstruieren sind. Es handelt sich also bei diesen Spolien mit größtmöglicher Sicherheit um zwei Dachbalken, in deren Blattsassen zweischräg nach oben laufende Sparrenfussstreben gesessen haben. Da die sehr sorgfältig gearbeiteten Hölzer keinerlei Spuren für die Wickelstakung einer Decke, z. B. Nuten oder Staklöcher, aufweisen und ebenfalls Spuren für die Vernagelung einer Bohlendecke fehlen, sind sie ein zusätzliches Indiz dafür, dass das Dachwerk ehemals offen war. Zusammen mit den Befunden der Dachneigung, die sich aus den Verputzspuren am Ostgiebel ergeben, ist ein sehr flach geneigtes Sparrendach mit Sparrenfußstreben zu rekonstruieren, die nicht, wie in vielen Fällen üblich, den Dachbalken dritteln, sondern mehr zur Mitte des Balkens hin angeordnet sind.

Die Fußstreben hatten ursprünglich eine Neigung zwischen 60 und 70. Ob dieses stuhllose Dachwerkzusätzlich einen Kehlbalken hatte, ist nicht mehr nachzuweisen, aufgrund des Konstruktionstypus jedoch eher
auszuschließen, wie weiter unten gezeigt werden wird. Aus diesen baulichen Befunden lässt sich eine im Grundriß längs rechteckige Saalkirche mit quadratischem oder rechteckigem Chor rekonstruieren, wobei beide Baukörper mit relativ flachen Satteldächern gedeckt waren und die Firstlinie des Chores etwa 1,00 m unterhalbder des Saales lag.

Zu betreten war der Saal durch ein Portal in der Südmauer, ebenso wie ein wohl kleineres Portal in der Südmauer des Chores existierte. Das äußere Erscheinungsbild war wie das innere durch einen weißen bis beigeweißen Putz mit Ritzfugen, die Quadermauerwerk imitieren, geprägt. Der Raumeindruck im Inneren des Saales ist geprägt durch das offene Dachwerk und den relativ schmalen Triumphbogen.

Zur Datierung der hier behandelten Bauphase I können folgende Kriterien herangezogen werden:
-Grundriss
-Stilistische Elemente der Architekturglieder
-Bautechnik
-Oberflächengestaltung
-Konstruktionsweise des Dachwerks
-Dendrochronologische Datierungen

Über den Grundriss der Anlage ist eine nähere Datierung nicht möglich, da Saalkirchen mit Rechteckchor, insbesondere im ländlichen Bereich, das gesamte Mittelalter hindurch errichtet werden. Lediglich die starke Einschnürung des Chorraumes mag ein Indiz auf ein relativ hohes Alter der Anlage sein, wenn auch hierdurch alleine nicht unbedingt auf einen karolingischen oder ottonischen Bautypus zu schließen ist.

Eine nähere Datierung erlaubt die Mauertechnik, bei der lagerhartes Bruchsteinmauerwerk mit schräg gestellten Steinschichten kombiniert wurde, die dem regelrechten "Opus spicatum" sehr stark ähneln. Betrachtet man die z. B. in Nordhessen vorkommenden Anlagen mit einer solchen Mauertechnik, so werden sie zumeist in das 12. Jahrhundert, einige in das 11. Jahrhundert datiert. Zu bemerken ist allerdings, dass die in der Literatur angegebenen Baudaten dieser kleinen, mittelalterlichen Kirchen bisher noch durchaus mit Vorsicht zu behandeln sind und nur eine grobe Altersangabe erlauben. Datierungen für Kirchenbauten mit "Opus spicatum" sind z. B. Almuthshausen -"12. Jahrhundert", Christenberg -"11. Jahrhundert", Dautphe-"12. Jahrhundert", wobei hier zu bemerken ist, dass offensichtlich ein Dachwerk des 13. Jahrhunderts existiert, Fronhausen an der Lahn -"romanisch", Niederellenbach -"romanisch", Schemmern - "12. Jahrhundert". Die Beispiele zeigen, dass diese Mauertechnik offensichtlich vom 11. bis zum 12. Jahrhundert, möglicherweise auch noch im frühen 13. Jahrhundert auftreten kann. Auszuschließen scheint nach dem heutigen Stand der Forschung eine Existenz des "Opus spicatum" bei karolingischen oder früh-ottonischen Bauten zu sein, was auch die archäologischen Befunde zeigen, wo schräge Packlagenschichten im Fundamentbereich, insbesondere seit dem 11. und 12. Jahrhundert, in bestimmten Regionen auftreten. Die Gestaltung der Kämpfer des Triumphbogens erlaubt ebenfalls einige, wenn auch vage Datierungshinweise. Ungewöhnlich sind die enorme Länge sowie die auf der unteren, leicht gekehlten Fase angebrachten erhabenen Halbkugeln. Das Profil selbst ist an sich nichts ungewöhnliches. In abgewandelter Form tritt es in der kurz nach 800 datierten Krypta der ehemaligen Klosterkirche in Schlüchtern auf, hier jedoch mit abgesetzter Platte und nur zum Lumen des Bogens hinweisend. In Hessen sind dann im gesamten 9. und 10. Jahrhundert ähnliche Profile nicht bekannt. In Kombination mit einem flachen Würfelkapitell tritt die abgefaste Kämpferplatte dann in der Krypta von St. Andreas in Fulda-Neuenberg auf (um 1020-1023) . Erst zu Beginn des 12. Jahrhunderts sind ähnliche Gestaltungen bei einer Gruppe von Kirchen im Rheingau zu verzeichnen. Die ehemalige Klosterkirche in Geisenheim-Johannesberg hat sowohl an den Pfeilern als auch am Triumphbogen ein Kämpferprofil mit gekehlter Fase und Platte. Sehr ähnlich ist das Profil in der benachbarten Kirche St. Egidius in Östrich-Winkel, die wohl zwischen 1130 und 1150 erbaut wurde.

Ähnliches zeigt sich auch in der um 1150 errichteten Klosterkirche in Ortenberg-Konradsdorf. Hier zieht sich der Triumphbogenkämpfer, ähnlich wie in Mainzlar, durch die gesamte Wandfläche, die Fase ist jedoch mit Klötzchenfries dekoriert. Demgegenüber ist die Dekoration der Kämpferprofile mit kleinen Halbkugeln äußerst ungewöhnlich. Die Form erscheint vereinzelt, insbesondere in der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts, in Archivolten von Portalen. Insgesamt zeigt der Vergleich mit einigen hessischen Kirchenbauten, dass die Beispiele, die den Mainzlarer Kämpferprofilen am nähesten kommen, in die 1. Hälfte oder die Mitte des 12. Jahrhunderts zu datieren sind.

Gleiches gilt für die schlichte Rahmung des Portals aus monolithen Sandsteinen, die durch die gesamte Wand laufen. Von diesen haben sich Beispiele aus dem 11. und 12. Jahrhundert erhalten. Besondere Aufmerksamkeit verdient das beschriebene rekonstruierbare Dachwerk als Datierungsmittel. Wiewohl ein Kehlbalken, wenn auch etwas unproportional angeordnet, oberhalb der relativ steilen Sparrenfußstreben Platz hätte, ist er in der Rekonstruktion nicht dargestellt. Zu begründen ist dieser Dachwerktypus für Mainzlar, wenn man die bekannten Dachwerke des frühen 12. Jahrhunderts betrachtet. In der Tat existiert eine ganze Anzahl ähnlicher Konstruktionen, die unmittelbar mit Mainzlar zu vergleichen sind. Als Beispiele seien genannt das Dachwerk der 1132 errichteten Stiftskirche in Sindelfingen , das von St. Ägidins in Mittelheim aus der Mitte oder der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts, die Konstruktion des um 1100 datierten Daches von St. Luzius in Essen-Werden, bei dem die Sparrenstreben ungewöhnlich weit in der Mitte des Dachbalkens ansetzen, oder das 1180-90 datierte Dachwerk der Klosterkirche von Billigheim bei Mosbach. Auch in der näheren Umgebung existieren ähnliche Konstruktionen, so z. B. das Dachwerk von St. Lubentius in Dietkirchen an der Lahn (2. Hälfte 12. Jahrhundert), jenes auf dem Langhaus der 1129 gestifteten und um 1150 vollendeten Augustiner-Chorherren-Klosterkirche von Schiffenberg bei Gießen oder das Dach der 1159 geweihten Prämonstratenserinnen Klosterkirche Ilbenstadt in der Wetterau. Diese Dachwerke verzichten in der Regel auf Kehlbalken und verwenden lediglich zur Winkelaussteifung bzw. der Lastübertragung der weit gespannten Binderbalken auf die Sparren geneigte Sparrenfubstreben.Auch die Dachneigung ist ein Indiz für das Alter eines Dachwerkes; G. Binding gibt folgende Entwicklung an: Anfang des 12. Jahrhunderts 30-34 Grad, 2. und 3. Drittel des 12. Jahrhunderts 40-43 Grad, 1. Hälfte des 13. Jahrhundert 44 - 45 Grad, wobei er einschränkend bemerkt, dass bei dieser generellen zeitlichen Entwicklung durchaus Ausnahmen möglich sind. Wiewohl offene Dachwerke in Deutschland seltener sind als z. B. in Italien, Frankreich und England, so gibt es doch einige Vergleichsbeispiele, wie etwa die Einhardsbasilika in Steinbach , St. Martin in Sindelfingen oder dann später das Dachwerk der 1235 +/-3 datierten Klosterkirche St. Maria in Reichenau-Mittelzell.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sämtliche an der Kirche vorhandenen stilistischen und konstruktiven Merkmale eine Datierung der Anlage in die 1. Hälfte des 12. Jahrhunderts zulassen. Mit diesem Ergebnis geht die dendrochronologische Datierung der zwei Spolien im Dachwerk überein, wenn das Gutachten besagt, dass die Hölzer um oder kurz nach 1100 gefällt worden seien.