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KIRCHLICHES LEBEN IM JAHRESABLAUF FRÜHERER ZEITEN |
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von Heinrich Hormann
Quellen: Daubringen-Mainzlar. Spuren der Geschichte zweier oberhessischer Dörfer und ihrer Bevölkerung. Hrsg. v. Volker Hess und Gerhard Felde, Staufenberg 1993
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Das Leben unserer Vorfahren war von einer heute kaum noch gekannten Religiosität geprägt. In den Schulen war über Jahrhunderte die Religion das Hauptfach gewesen und alle waren bemüht, nach den erlernten Regeln zu leben. Die täglichen Gebete - morgens, vor und nach den Mahlzeiten, während des Feierabendläutens und am Abend zum Schlafengehen - waren selbstverständlich.
Kirchenzucht An Sonn-und Feiertagen stand der Kirchenbesuch obenan. Zumindest eine Person aus jedem Hause ging zum Gottesdienst, wobei man sich innerhalb der Familie abwechselte. Nur die nötigsten Haus-und Hofarbeiten wurden verrichtet. An Feldarbeit, wie Erntearbeiten, selbst bei extremen Witterungsbedingungen, wenn es galt, die Frucht vor dem Verderb zu retten, dachte niemand. Kam es trotzdem vor, dass der Feiertag nicht geheiligt wurde, standen den Betreffenden Strafe und Kirchenbuße bevor. Hierzu berichtet der Chronist aus dem Jahre 1866, das"L. Schw. und H. Schl. am Sonntag während des Gottesdienstes am Grummet [waren]. Sie wurden deswegen bestraft und vom ganzen Dorfe verlacht." (Pfarrarchiv Kirchherg) Der Pfarrer wachte streng darüber, dass selbst Familienfeierlichkeiten nicht zu lange ausgedehnt wurden. Es gab in früheren Zeiten Verordnungen, wonach Hochzeiten nicht länger als zwei Tage und Kindtaufen nur einen Tag gefeiert werden durften. Auch andere Familienfeiern an Festtagen wurden überwacht und Ausschweifungen geahndet. Ebenso musste bei Streitigkeiten innerhalb von Familien oder Beschimpfungen unter Nachbarn sowie sittlichen Verfehlungen öffentlich Kirchenbuße getan und ein Betrag in die Armenkasse gezahlt werden. Waren im Dorfe derlei Verstöße bekanntgeworden, musste der Kirchensenior oder Kirchenvorstand, wie wir heute sagen würden, den Pfarrer in Kirchberg unterrichten, welcher dann mit der weltlichen Obrigkeit das Strafmaß festlegte. So kam im Jahre 1699 "den 15. April [...] Herr Joh. Conrad Dapper Senior [Kirchenvorsteher] aus Mainzlar und offenbarer folgendes, wie ordentlich der dasige Müller Joh. Jost Hormann den 2. und 3. Osterfeiertag in seiner Mühle Gäste geduldet, um sein Bier los zu werden, sonderlich zeigt er an, dass es am 3. Feiertag dahin gekommen, dass sie von einem Spielmann sich lassen zum Tanz aufspielen, welcher von Beuern soll gewesen sein. Bei diesem leichtfertigen Tanz aber wäre es zu einer gefährlichen Schlägerei ausgeschlagen, denn da Andreas Bauer von Staufenberg zum Spielmann gesagt: "Mache und spiele mir den Hexentanz", hatte sich nach mehreren anzüglichen Worten der Müller samt seinen Söhnen, besonders dem Schmied Kaspar Hofmann angenommen, und mit Krügen und Schlägen den Andreas Bauer dermaßen traktieret, dass es nicht gefährlicher hätte sein können. Hierbei soll nicht weniger der Joh. Conrad Hirzinger seine Schläge bekommen haben. (Nota: Der Spielmann soll gewesen sein Adam Sommerlad.) Den 16. April 1699 ist vorangesetzte Streitsache in Mainzlar von dem Herrn Amtsschultheissen und mir vor Blick in den Chor der Kirchberger Kirche um 1930 genommen worden, wobei die strittigen Personen miteinander sich versönnet folgende Strafe angesetzt: 1. Dem Müller Joh. Jost Hormann, weil die Händel in seinem Haus vorgegangen 2. Andreas Bauer 3. Jede Person so getanzt wozu gehören a) die beiden Söhne des Müllers b) der Rolshausen Tochter d) der Müller von Treis [je] 4. Der Beuerer Spielmann gez. H. Helfmann [Amtsschultheis] Christoph Trygophorus [Pfarrer]" (Pfarrarchiv Kirchberg) Die Summe von elf Gulden war wohl für die damalige Zeit eine sehr harte Strafe für die Betroffenen und eine gute Einnahme für die Obrigkeitskasse gewesen. Christliche Lebensstationen
Aus Eintragungen in den Kirchenbüchern geht hervor, dass die Taufen der Kinder in vergangenen Jahrhunderten in Kirchberg, für Mainzlarer Täuflinge teilweise auch in der Kirche in Mainzlar stattfanden. Die Taufe der Neugeborenen wurde in den ersten Lebenstagen vollzogen. Die Kinderfrau, früher auch Wehmutter genannt, brachte den Täufling nach dem sonntäglichen Gottesdienst vor den Altar zum Taufstein, wo sich Vater und Pate oder Patin aufgestellt hatten. Die Mutter war nicht zugegen, besuchte aber nach Möglichkeit den darauffolgenden Sonntagsgottesdienst. Ursprünglich hatte auch hier, wie heute noch im Kreis Marburg üblich, bei den erstgeborenen Kindern der Großvater oder die Großmutter im Hause die Patenschaft übernommen. Die drei Taufeinträge der Kinder des Joh. Markus Becker, eines Mainzlarer Bürgers und seiner Ehefrau Maria, geb. Dapper, verheiratet am 15. Februar 1643 lauten: "1. Kind Joh. Kaspar, getauft in der Kirche in Mainzlar am 26. Sonntag nach Trinitatis 1643. Petter war sein Elternvater Johannes Becker. 2. Kind Johannes, getauft am 9. Juli 1648, Pate Joh. Ebert Becker aus Treis/lda. 3. Kind Anna Maria, getauft am 2. Februar 1654, Patin Eva, Hans Dietzen Frau des Kindes Altmutter in Mainzlar." (Pfarrarchiv)
Diese Sitte verlor sich aber, und als Paten kamen später bei Erstgeborenen in der Regel die Geschwister der Eltern in Betracht, oder auch Personen aus der näheren Verwandtschaft. Bei großem Kindersegen wurden auch die Nachbarn angesprochen. Üblicherweise erhielt jedes Kind zwei Paten (Petter und Gote). In der Regel bekamen die Kinder bei der Taufe den Namen des Paten oder der Patin. Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde es üblich, die Kinder in den Geburtshäusern zu taufen. Oft wurden einige in ein Haus zusammengebracht und gemeinsam aus einer Schüssel getauft. Neuerdings ist das Taufen der Kinder in der Kirche an bestimmten Taufsonntagen wieder üblich geworden. Die angetragene Patenschaft wurde von jedem angenommen, da die Ablehnung eine große Beleidigung der Eltern des Kindes darstellte. Die Patenschaft galt als Verpflichtung gegenüber den Patenkindern und kam in Form von Geschenken an diese zum Ausdruck.
An Ostern fanden seit altersher die Konfirmationen statt. Die Schulkinder des achten Schuljahres aus den Dörfern Staufenberg, Lollar, Mainzlar, Daubringen und Ruttershausen wurden nach dem Besuch des Konfirmandenunterrichts, der seit den Herbstferien des jeweils vor ausgegangenen Jahres in Kirchberg im Konfirmandensaal vom Pfarrer gegeben worden war, dort in der Kirche gemeinsam konfirmiert. Am Sonntag vorher war eine Prüfung aller Kinder in der Kirche in Kirchberg vorausgegangen. Zur Prüfung und Konfirmation waren neben den Eltern die Paten der Kinder anwesend. Sie gingen mit zum gemeinschaftlichen Abendmahl, welches die Kinder jetzt zum ersten Mal miterleben sollten. In diesem Kreis schloss sich am Nachmittag in den Häusern der Konfirmanden eine kleine Familienfeier an. Selbstverständlich wurden auch zu diesem Anlaß die Konfirmierten von ihren Paten mit Geschenken bedacht, die oftmals Erinnerungsstücke für das ganze Leben waren. Die nun Konfirmierten und nun zum Abendmahl zugelassenen jungen Leute der fünf Gemeinden waren angehalten, die gleich nach Ostern beginnende Christenlehre zu besuchen. Sie wurde vom Pfarrer gehalten und schloss sich an den Vormittagsgottesdienst in Kirchberg an. Jeweils im Vierzehntage-Rhythmus wurden Jungen und Mädchen abwechselnd getrennt unterrichtet. Es wurden aktuelle Themen behandelt, und oft entspann sich aus interessierten Fragen und eigenen Meinungen ein anregendes Gespräch. Gerne kamen die jungen Leute zur gemeinsamen Christenlehre. Sie brachte die jungen Menschen ebenso wie der Konfirmandenunterricht nicht selten auch menschlich näher.
Die Christenlehre endete nach zwei jährigem Besuch. Eine bevorstehende Heirat im Dorfe wurde besonders unter den vermögenderen bäuerlichen Haushalten meistens von Freiersmännern arrangiert, da sie doch standesgemäß sein musste. Sie gingen mit dem Heiratskandidaten und wurden bei den Eltern des heiratsfähigen Mädchens vorstellig. Wurde dabei Übereinkunft erzielt, gab es ein Eheversprechen durch Handschlag, womit die Verlobung vollzogen war. Bei diesem Handschlag wurden nicht selten hohe Geldbeträge festgelegt, die dem einen oder dem anderen Partner bei einer eventuellen Rücknahme des Eheversprechens zu zahlen waren. Diese Abmachung sollte das "wenkwärrn" (mundartlich für "Wankelmütig werden"), wie man landläufig sagte, verhindern. Weiter wurde bei dieser Verlobung festgelegt, wo das junge Paar seinen Wohnsitz bekommen sollte. War dieses bestimmt, so wurde ihm dort die elterliche Hofreite überschrieben. Die Höhe der Mitgift des oder der Einheiratenden sowie die Herauszahlungen an weichende Geschwister wurden von den Eltern der Brautleute ausgehandelt. Nicht vergessen wurde zuletzt die Erbfolge des beim Tode der Vertragschließenden zu verteilenden Vermögens.Wollte sich ein Paar trauen lassen, war der erste Gang zum Pfarramt, wo der Pfarrer eine Unbedenklichkeitsbescheinigung ausstellen musste. Waren keine ehehinderlichen Bedenken, wie nahe Verwandtschaft oder andere Gründe - der Bräutigam mußte nachweislich bekanntgeben, wie hoch sein Verdienst war, damit er eine Familie sicher ernähren konnte - vorhanden, konnte das Paar innerhalb von drei Wochen nach der letzten von insgesamt drei Proklamierungen nach dem Gottesdienst in der Kirche in Mainzlar oder Kirchberg, copuliert werden. Zwei Zeugen waren erforderlich. Der standesamtlichen Trauung ging ein öffentliches Aufgebot voraus, das einige Wochen vorher bestellt wurde und zwei Wochen in den Aushängekästen am Rathaus ausgehängt werden musste, bevor der Standesbeamte ebenfalls unter zwei Trauzeugen die Trauung vollzog. War ein Paar aufgeboten, wurde es schnell im Dorf bekannt und die jungen Burschen hatten zu einem Streich Anlass. Sie schleppten, wenn es Ortsansässige waren, in der Nacht aus deren Gehöften alles mögliche herbei, um den Aushängekasten abzustützen. Das nannte man "Steibern". Es wird auch ab und zu heute noch gemacht. Ebenso ist noch das Spannen eines Seiles durch die Dorfkinder vor der Kirchentür üblich. Der Bräutigam muss sich dann seinen Heimweg nach der kirchlichen Trauung durch Auswerfen einer Menge Kleingeldes erkaufen, worauf die Kinder das Seil fallen lassen und sich auf die ausgeworfenen Münzen stürzen. Wenn in früheren Zeiten ein Sterbefall eingetreten und die Leichenbeschau durch den örtlichen Leichenbeschauer erfolgt war, wurde die Leiche in ein Leichtuch gehüllt und bis zur Beerdigung auf ein Strohlager gelegt. Dieses Sterbelager, oder mundartlich "die Straa", befand sich in einem Raum des Sterbehauses, dessen Fenster verhüllt wurden. Wer oft kränklich war oder bleich und schlecht aussah, dem wurde schon vorher als Warnung gesagt: "Wenn es sich mit dir nicht bald bessert, fällst du in die ,Straa'", was den Tod bedeuten sollte. Die Leichenbeschau wurde meistens von einer Person nebenberuflich durchgeführt, z.B. vom Kuhhirt, Schweine-, Gänsehirt oder Nachtwächter. Ein Sarg für die Toten, wie er heute üblich ist, war in früheren Zeiten nicht selbstverständlich. Nur die Wohlhabenden wurden eingesargt. Die meisten wurden lediglich in ein Leichentuch gehüllt. Dieses gehörte der Gemeinde und wurde in der Kirche aufbewahrt. Der Tote wurde dann auf einer Tragbahre zum Kirchhof gebracht. Diese Totentücher wurden in Mainzlar von dem jeweiligen Lehrer gewaschen und bereitgehalten. Er bekam dafür eine besondere Vergütung von der Gemeinde. Eine Beerdigung mit Sarg kostete nach heute noch vorhandenen Unterlagen aus Mainzlar im Jahr 1820 fünfzehn Gulden. Solange die Toten nicht begraben waren, blieben die Angehörigen im Haus. Schulkinder gingen nicht zur Schule. Ein Nachbar oder jemand aus der Verwandtschaft erledigte die nötigen Formalitäten. Von ihm benachrichtigt wurden zuerst die nächsten Verwandten und die anderen Nachbarn, die dann ihre Mithilfe anboten. Nach der Sterbefallsanzeige, die vor 1876 nur beim Pfarramt in Kirchberg und danach beim örtlichen Standesamt aufgegeben und daraufhin der Beerdigungstermin festgelegt wurde, konnten die Träger aus der Nachbarschaft bestellt werden. Bis zur Anstellung eines Totengräbers zu Anfang dieses Jahrhunderts wurde z.B. in Mainzlar auch das Grab von den Nachbarn ausgehoben. Ihnen oblag es sogar, die Trauergäste zum Begräbnis einzuladen. War der Todesfall in einem Bauernhof, versorgten die Nachbarn auch das Vieh und holten Futter herbei. Zur Bewirtung der Trauergäste taten sich die Nachbarsfrauen zusammen und backten Kuchen und Wecke.
In früheren Zeiten bekamen minderbemittelte Familien viele Zutaten in Form von Mehl, Milch, Zucker oder Butter von anderen Familien aus dem Dorf gebracht. Je nach der Anzahl der zu erwartenden Trauergäste bereitete man in einem oder zwei Zimmern die Kaffeetafel vor. Am Tag der Beerdigung läutete in Mainzlar die kleine Glocke des Kirchturms, in Daubringen die Schulglocke eine Stunde vor der angesetzten Zeit. Dieses Läuten nannte man "Kleppen" oder "Zeichenläuten". Kurz vor der angesetzten Stunde versammelten sich die Trauergäste, alle in Schwarz gekleidet, beim Trauerhause. Die Männer trugen Gehrock und Zylinder. Wer zur näheren Verwandtschaft gehörte, ging in das Haus, um den Verstorbenen noch einmal zu sehen, ehe der Schreiner den Sarg schloss und vernagelte. Dann wurde der Sarg im Hof auf zwei Schemel gestellt, wo sich die übrige Trauergemeinde versammelt hatte. Kurz nach dem Einsetzen des Trauergeläutes traf der Pfarrer auf dem Hofe ein. Nach einer kurzen Ansprache und der Aussegnung des Verstorbenen mit den letzten Worten: "Gott führet ein, Gott führet aus, kein Bleiben ist im Erdenhaus. Der Weg ist kurz, die Ruhe lang, wohlan hinaus", setzte sich der Trauerzug, jetzt unter vollem Geläut, in Bewegung. Davon, dass der Lehrer mit den Schulkindern durch das Leichensingen eine Beerdigung mitgestaltete, war man schon gegen Ende des 19. Jahrhunderts abgekommen. Der Sarg, dem der Pfarrer vorausschritt, wurde von vier Männern getragen, begleitet von zwei Buben, die die Schemel trugen und diese beim Anhalten des Trauerzuges unter den Sarg stellten. Unmittelbar hinter dem Sarg gingen die Männer in der Reihenfolge des Verwandtschaftsgrades, ihnen folgten die Frauen. Noch bis zum Zweiten Weltkrieg trugen ältere Mainzlarer Frauen in Tracht ein besonderes Trauertuch aus glattem, schwarzen Stoff, das weit über die Schultern ging und das Gesicht fast ganz verhüllte. In Daubringen war dieser Brauch bereits sehr viel früher aufgegeben worden. War der Trauerzug auf dem Friedhof angekommen, verstummte das Geläute und der Sarg wurde versenkt. Nach der Grabrede des Pfarrers versammelten sich die auswärtigen Trauergäste zum vorbereiteten Kaffeetrinken. In früheren Zeiten wurde auch nicht selten den Männern Bier gereicht.Nicht immer sind Beerdigungen in der beschriebenen Art durchgeführt worden.
Die Kirchenbücher berichten oft, dass Verstorbene in der Stille begraben wurden, während des Nacht- oder Mittagläutens - ohne die gewöhnlichen Zeremonien. Das war hauptsächlich in Jahren, wo viele Menschen an Seuchen gestorben waren - so 1813/14, als das Nervenfieber grassierte. Da bei diesem Seuchengang der Raum in Kirchberg um die Kirche für die vielen Beerdigungen nicht mehr ausreichte, wurden in allen Filialorten Friedhöfe angelegt. 1815 erhielt somit auch Daubringen die erste Begräbnisstätte. Ein Sterbeeintrag für Mainzlar aus dieser Zeit lautet: "Im Jahr Christi Achtzehnhundertundvierzehn, den neunundzwanzigsten April starb zu Mainzlar am Nervenfieber Eleonore geb. Henkelmännin, des Gemeindsmannes Johannes Jung daselbsten Ehefrau, alt achtundvierzig Jahre, und wurde den Dreißigsten des nämlichen Monats als erste Leiche in der Stille auf dem neuen Totenacker zu Mainzlar zur Erde bestattet." Wie schon erwähnt, wurden im Jahre 1876 erstmals in den Dörfern Standesämter eingerichtet. Vor dieser Zeit waren alle Daten wie Geburt, Taufe, Trauung, Sterbefälle sowie Begräbnistage allein von den Pfarrämtern registriert worden. Auch wurden dort die vermögensrechtlichen Abmachungen in den einzelnen Familien geregelt wie Testamente oder Erb-und Eheverträge geschlossen und hinterlegt.
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Christliche Feste und Feiertage
Am Beginn des Kirchenjahres war früher, wie auch heute noch, Weihnachten stets das schönste Fest. Die Geschenke legte das Christkind besonders für die Kinder unter den Weihnachtsbaum. Seit etwa 100 Jahren ist das Aufstellen und Schmücken eines Weihnachtsbäumchens (Tanne) mit vielen Glaskugeln und brennenden Kerzen hier üblich. Wie seit eh und je findet auch heute noch am 24. Dezember in den Nachmittagsstunden in den Kirchen in Kirchberg und Mainzlar ein Weihnachtsgottesdienst statt, den die Daubringer nun seit 1969 ebenfalls in einer eigenen Kirche begehen. Am Ersten und Zweiten Feiertag wurden und werden auch heute noch die Gottesdienste in der Kirchberger Kirche besucht.
Am Zweiten Weihnachtsfeiertag holten die Kinder bei ihren Paten kleine Geschenke. Neben Spielsachen waren es oft Hemden, Unterhosen und andere dienliche Sachen, die in einem großen, an den vier Ecken zusammengeknoteten, bunten Taschentuch heimgetragen wurden. Zuckerplätzchen, Äpfel und Nüsse fehlten dabei nicht. Die Tage nach Weihnachten bis zu Neujahr, auch "Laustage" genannt, waren früher in der Landwirtschaft, besonders für das Gesinde Ruhetage. Nur die notwendigsten Arbeiten in den Höfen wurden verrichtet. Zum Jahresende an Silvester ging vor allem die Jugend nach dem Jahresschlussgottesdienst in ein Wirtshaus, um in einer fröhlichen Runde das neue Jahr zu beginnen und um Punkt 24 Uhr beim Läuten der Kirchenglocken sich ein Prosit Neujahr zuzurufen. Das Neujahrsschießen oder Feuerwerk ist ein noch nicht sehr alter Brauch in unserer Gegend. Es wurde erst seit dem Ersten Weltkrieg hier durchgeführt. Eine alte Sitte in der Neujahrsnacht war das Bleigießen. Die Jugend führte es in den Spinnstubengesellschaften aus. Das in einem Tiegel geschmolzene Blei wurde in kaltes Wasser gegossen, wobei sich mitunter sehr bizarre Formen bildeten, aus welchen die jungen Leute allerlei Schlüsse für ihr bevorstehendes Leben zogen (Berufsaussichten, Eheglück usw.). Am Neujahrstag besuchten früher die Kinder ihre Paten und bekamen für den Neujahrswunsch einen Neujahrsweck und ein Geldgeschenk. Zum Osterfest wurde wiederum besonders den Kindern eine Freude bereitet. Schon Tage vorher bauten sie in den Gärten mit weichem Moos ausgelegte Osternester. Dort hinein legte ihnen am Ostersonntag der Osterhase seine bunten Eier.
Dazu hatte die Mutter die Eier vorher in Zwiebelschalen schön braun gefärbt. Auch zu diesem Fest war ein Patengeschenk üblich. Die Kinder besuchten am Zweiten Osterfeiertag ihre Paten und erhielte einige bunt gefärbte, festgekochte Eier. Viel Spaß machte besonders den Buben das Ostereierwerfen auf den Wiesen nahe dem Dorf. Alle versuchten die gekochten Eier möglichst hoch in die Luft zu werfen oder sie weit über den Rasen zu rollen. Es war oft für die Kinder erstaunlich, welch hohe Würfe ein Osterei ganz überstand. Gingen dabei dennoch welche zu Bruch, wurden sie bald aufgegessen. Nach altem Brauch bekamen in Mainzlar auch die Hirtenfamilien von den Bauern, denen sie das Vieh hüteten, ein Ostereiergeschenk. Dieses holten die Frauen der Schäfer, der Schweine-, Gänse-oder Kuhhirten in den Bauernhöfen ab. Der Ursprung dieser Sitte ist vielleicht in einer alten Naturalabgabenverpflichtung zu sehen.
Der Himmelfahrtstag wurde zu Ausflügen und Wanderungen genutzt. An verschiedenen Orten der näheren Umgebung waren Treffpunkte für das junge Volk. Nicht nur die Daubringer und Mainzlarer Jugend trafen sich, einer alten heidnischen Tradition folgend, vornehmlich zum "Hölzernen Bern", einer idyllischen Waldlichtung am Nord-Ostrand des Hangelsteins. Hier stellte sich auch die Jugend der anderen umliegenden Ortschaften ein, so dass ein lustiges Treiben entstand. Zur Erfrischung wurde von Wiesecker Wirten Bier und Limonade bereitgehalten.
Das Pfingstfest wurde mit Gottesdienstbesuchen gefeiert. Auch hier wurden häufig Ausflüge unternommen. Weitere feierliche, kirchliche Angelegenheiten waren die zweimal im Jahr, zur Frühjahrs-und Herbstzeit abgehaltenen Abendmahlsfeiern. Hierbei gingen jeweils bestimmte Personenkreise aus dem Dorf miteinander. So war ein Abendmahlsonntag für die unverheiratete Jugend und ein zweiter für die Jungverheirateten in Kirchberg bestimmt. In Mainzlar wurden für die älteren und alten Leute die Abendmahlsfeiern in der Dorflkirche gehalten. Zum Abendmahl gingen die verheirateten Männer in Gehrock und Zylinder; die Frauen und Mädchen in schwarzer Tracht. Beim Gang zum Altar wurde die Reihenfolge nach dem Alter streng eingehalten. Frauen und Mädchen nahmen auf dem Gang zum Altar ihr Gesangbuch mit, worauf ein weißes Spitzentaschentuch gelegt war. Die Abendmahlsteilnehmer vermieden an diesem Tage Wirtshausbesuch und beteiligten sich nicht an weltlichen Feierlichkeiten.
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